Decentralized Finance: der Weg vom Hype zum echten Mehrwert

30. November 2022

„Decentralized Finance”, kurz DeFi, hatte einen steilen Aufstieg – von 700 Millionen USD im Dezem-ber 2019 auf über fast 250 Milliarden USD Ende 2021. Heute (November 2022) sind es noch rund 55 Milliarden USD. War es das also mit dem DeFi-Hype?

In dieser DeFi-Serie gehen wir der Sache auf den Grund. Wir analysieren, was DeFi besser löst als “Centralized Finance” (CeFi) – und was nicht. Dabei definieren wir die Erfolgsfaktoren von DeFi und zeigen anhand von Zukunftsszenarien auf, wie sich die etablierten Banken im aktuellen DeFi-Umfeld verhalten können.

So viel vorweg: Wir sind vom enormen Potential von DeFi überzeugt. Wir sind auch der Meinung, dass DeFi nicht gegen CeFi “gewinnen” muss, sondern, dass mittelfristig ein symbiotisches Zusammenspiel beider Ansätze die bessere Wahl sein kann. Wie das geschehen kann, erfahren Sie in dieser Blog-Serie.

Decentralized Finance: der Weg vom Hype zum echten Mehrwert (DeFi-Serie 1/4)

Der Weg zu DeFi über Bitcoin, Blockchain und Ethereum

Mit Bitcoin kam die Blockchain. Die Blockchain stellt sicher, dass Transaktionen zwischen verschiede-nen Parteien sicher abgewickelt werden können, ohne eine zentrale, vertrauenswürdige Instanz (wie z. B. eine Bank in der traditionellen Finanzwelt).

Aus der Anwendung der Blockchain in der Finanzwelt entwickelte sich das sogenannte „Decentralized Finance”, kurz DeFi. DeFi ist eine alternative Finanzinfrastruktur, die auf einer Blockchain aufbaut.

Die Blockchain stellt sicher, dass niemand die alleinige Kontrolle übernehmen und Transaktionen manipulieren oder verhindern kann. DeFi nutzt intelligente Verträge, sogenannte Smart Contracts, um Transaktionen abzuwickeln. Smart Contracts sind kleine Computerprogramme, welche von den Teilnehmern der Blockchain dezentral ausgeführt werden und deren Resultate wiederum auf der Blockchain gespeichert werden.

Die Bitcoin Blockchain ist technologisch nicht für Smart Contracts ausgelegt – erst mit der Ethereum Blockchain wurden Smart Contracts populär, und somit auch DeFi.

DApps oder dApps, sogenannte dezentrale Applikationen, basieren auf Smart Contracts und bilden bestehende und auch neue Finanzdienstleistungen ab. Als App beinhalten diese oft auch ein User Interface. Auf der Webseite dappradar.com/defi finden sich hunderte dieser dApps. Viele der populären dApps, z.B. PancakeSwap, sind im Bereich Krypto-Handel anzusiedeln. Mit solchen dApps kann man Kryptowährungen tauschen und ausleihen und damit auch Geld verdienen (z.B. durch yield farming).

Der Handel von Kryptowährungen ist aber nur ein Teil von DeFi.

 

DeFi macht grosse Versprechen

Ob DeFi oder CeFi, die Kernbedürfnisse der Endkunden an die Finanzbranche haben sich kaum ge-ändert in den letzten Jahrhunderten:

  • Bezahlen und Handeln von Gütern und Dienstleistungen
  • Finanzieren von Gütern oder 'Projekten' 
  • Sicheres Aufbewahren von Werten
  • Vermögenswerte vermehren, z.B. durch Wertanlagen, etc.

Dazu kommt, dass die Endkunden generell Sicherheit und Convenience (inkl. Kosten, Zeit) verlangen für alle Services in der Finanzbranche. 

Die Europäische Zentralbank schreibt zu DeFi: "Essentially, the main financial services provided within DeFi replicate traditional financial services within the crypto-asset ecosystem in an unregulated and decentralised way” – DeFi soll also sowas wie die Replikation des traditionellen Finanzsystems sein, nur mit mehr Dezentralisierung, aber ohne Regulierung.
 
Reicht das, um DeFi im Mainstream zum Erfolg zu führen? Sind Dezentralisierung und Nicht-Regulierung alleine für die breite Masse wirklich ausreichend relevant, um fundamentale Veränderungen im Finanzsystem auszulösen?  

Wohl kaum. Im Zweifel hilft ein Blick auf die nackten Zahlen: Der Total Value Locked im DeFi von aktuell rund  55 Milliarden USD (davon ca. 30 Milliarden bei Ethereum) ist trotz riesigem Hype nach wie vor sehr bescheiden im Vergleich zur traditionellen CeFi (Centralized Finance). In CeFi gibt es Vermögenswerte von mehr als 100 Billionen USD und das globale Kreditvolumen beträgt mehr als 7 Billionen Dollar

Für uns ist klar: Damit DeFi über eine Nische hinaus relevanter wird, muss es über regulatorische As-pekte hinaus seine Versprechen erfüllen und die Kernbedürfnisse der Endkunden besser bedienen als CeFi.

Denn DeFi verspricht sehr vieles, u.a. 

  • sicherer zu sein (z.B. bei politischen oder wirtschaftlichen Verwerfungen)
  • effizienter/günstiger zu sein (z.B. im Handel)
  • schneller zu sein (z.B. Überweisung zwischen zwei beliebigen Orten auf der Welt)
  • innovativer zu sein (z.B. alternative Einnahmequellen aufgrund gänzlich neuer Finanzinstrumen-te)
  • fairer und transparenter zu sein (z.B. Zugriff für alle auf alles)

Doch kann DeFi diese Versprechen erfüllen? Was ist der aktuelle Mehrwert von DeFi für Schweizer Endkunden und wo wird das Potenzial von DeFi noch nicht genutzt? 

Auf diese Fragen gehen wir in unserem nächsten Blog-Post zum Thema ein.

 

Decentralized Finance: der Weg vom Hype zum echten Mehrwert (DeFi-Serie 2/4)

Das Fazit unseres letzten Blog-Artikels lautete: "Damit DeFi ausserhalb einer Nische relevant wird, muss es über regulatorische Aspekte hinaus seine Versprechen erfüllen und die Kernbedürfnisse der Endkun-den besser bedienen als CeFi."

In diesem Artikel zeigen wir anhand von konkreten Beispielen den aktuellen Mehrwert von DeFi für Schweizer Endkunden. Unsere Einschätzungen zeigen, dass das Potenzial von DeFi gross ist, aber noch bei weitem nicht ausgeschöpft wird. 

 

Kann DeFi die Kundenbedürfnisse besser als "CeFi" bedienen?

Betrachten wir einige Versprechen von DeFi anhand ausgewählter Beispiele.

Bezahlen / überweisen

Mit DeFi kann ich Crypto-Währungen global an beliebige Empfänger überweisen, günstig und schnell und sicher. 

Ich kann auch problemlos Kryptowährungen in Ausnahmeländer wie Venezuela überweisen, was bei etablierten Anbietern wie Wise schwierig ist. Ausserdem würde die Überweisung bei klassischen An-bietern in vielen Fällen länger dauern (mehrere Tage) und die Überweisung muss in der Regel in der lokalen, instabilen Währung erfolgen.

Herausforderung

Um etwas zu kaufen, muss man im Zielland aus der Crypto-Währung wieder auf eine etablierte Währung wechseln, das bedingt "Wechselstuben". Dies wird sich erst ändern, wenn man mit den neuen Währungen direkt bezahlen kann. Daneben entstehen auch bei der Verwendung von DeFi hier Kosten - etwa für die Überweisung und den Währungshandel.

Handeln

Wertschriften, die vollständig digitalisiert sind (Token) können sehr einfach übertragen und gehandelt werden. Dies verspricht Effizienzvorteile und u.a. auch mehr Liquidität, z.B. weil der Handel von einem Bruchteil einer heutigen Aktie einfach möglich ist (z.B. 1/1000 Lindt-Aktie). 

Herausforderungen

Es braucht pro Land Gesetze, welche den Handel von digitalen Assets regeln - z.B. wie in der Schweiz das Gesetz für ein DLT-Handelssystem
Basiert der Handel auf Basis einer offenen Blockchain sind Einschränkungen der Skalierbarkeit und schwankende Transaktionskosten (‘gas fees’) in die Business Case Überlegungen mit ein-zubeziehen. 

Je nach Art der Tokens und der Offenheit des Handelssystems ist eine hohe Liquidität nicht au-tomatisch gegeben.

Finanzieren

Beispiel 1: “Access for the unbanked” – Der Zugang zu DeFi ist ohne einen Bank-Account möglich. Jeder kann eine Wallet herunterladen und z.B. Geld empfangen, ohne dass ein Intermediär (Bank etc.) involviert ist. Auch Geld ausleihen (Stichwort Microfinance) ist möglich mit sehr hoher Effizienz, sprich Kreditgeber und -nehmer werden direkt auf der Blockchain in Kontakt gebracht.

Herausforderung

Leider muss man heute für einen Kredit meist ein hohes Pfand hinterlegen in Kryptowährungen (Overcol-lateralization). Der Zugang zu DeFi ist (insb. für die ärmere Bevölkerung) noch relativ komplex und des-halb kommen "zentrale" Intermediäre ins Spiel, die auch etwas verdienen wollen. 

Beispiel 2: Finanzierung von KMUs über den Sekundärmarkt. Eine tokenisierte Aktie (bzw. ein Anteil davon) kann über eine Blockchain-basierte Handelsplattform einer grossen Zahl von potenziellen Inte-ressenten zum Verkauf angeboten werden. Die Token können einfach gehandelt werden.

Herausforderungen (siehe auch ‘Handeln’ weitere oben)

  • Liquidität ist nicht garantiert und für den Vertrieb sind weiterhin häufig Banken als Intermediäre nötig
  • Für den effizienten, sicheren Kauf braucht es Stablecoins oder eine Verbindung der Blockchain zum Fiat-Geldverkehr

Sicher Aufbewahren

Bitcoin dient hier als gutes Beispiel:

  • Wesentlicher Vorteil ist hier die Unabhängigkeit vom Staat, und das Fehlen einer zentralen Stelle – dies ist wichtig für instabile politische oder wirtschaftliche Systeme
  • Bitcoin ist unabhängig von geldpolitischen Massnahmen , siehe z.B. auch: Why Many in Argentina Continue to Bet on Cryptocurrency 
  • Vollständige Kontrolle über eigene Assets ist möglich (eigener USB-Stick der den private key speichert)

Herausforderung

  • Hohe Wertschwankungen bei vielen Crypto-Currencies
  • Bei den Stable Coins, die an eine klassische Währung gekoppelt sind, vertraut man darauf, dass diese Koppelung Stabilität erzielen, auch in einem turbulenten Umfeld
  • Länder können Bitcoin-Wechsel verbieten und damit den Zugang zur “sicheren Welt” stark er-schweren
  • Dezentralität ist nicht 100 % gegeben und die Übernahme der Kontrolle durch einzelne Angreifer ist theoretisch möglich (What Is a 51% Attack?)

Zudem wollen viele Leute Assets nicht selbst aufbewahren, auch nicht einen privaten Schlüssel. Dadurch übergibt man wieder einen Teil der Kontrolle an eine Institution, wie z.B. eine Bank. Diese tun sich teilweise noch schwer mit dem Umgang und der Integration von Crypto-Technologien und sehen sich auch konfrontiert mit neuen Herausforderungen im Legal/Compliance-Umfeld.

Wert vermehren

Die "Plug & Play"-Architektur von DeFi ermöglicht (theoretisch) viele weitere neue Produkte zur Wertver-mehrung. Beispielsweise stellt man beim Yield Farming seine digitalen Assets anderen zur Verfügung, um Liquidität zu generieren. Dafür erhält man einen Zins. 

Der Zugriff zu Yield Farming ist auch mit extrem kleinen monetären Mengen möglich – in zentralen Systemen braucht es für gewisse Finanzprodukte grosse Volumen/Assets. Weil DeFi äusserst effizient ist, ist es auch für kleine Volumen wirtschaftlich.

Herausforderung
Die Risikoabwägung bleibt zentral. Der Grundsatz gilt grundsätzlich auch hier, je mehr Rendite desto mehr Risiko.

Die folgende Tabelle fasst die Endkundenversprechen, den aktuellen Mehrwert und das Potenzial von DeFi zusammen.
 

Diese Beispiele sind nur ein Teil der vielfältigen Versprechen von DeFi.  Aus unserer Sicht sind die Bedürfnisse der Endkunden derzeit nur teilweise abgedeckt und es ist schwierig, gute und repräsentative Beispiele für den bisherigen Erfolg von DeFi zu finden. Dennoch schätzen wir das Poten-zial von DeFi als sehr hoch ein.  


Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen eine Reihe von Herausforderungen bewältigt werden. Dabei sind mehrere Erfolgsfaktoren entscheidend, die wir im nächsten Blogbeitrag näher erläutern werden. 

 

Decentralized Finance: der Weg vom Hype zum echten Mehrwert (DeFi-Serie 3/4)

Im vorangegangenen Artikel haben wir die Versprechen von DeFi eingehend untersucht. In diesem Teil werfen wir einen genaueren Blick auf die Herausforderungen und die Erfolgsfaktoren. 

Die Herausforderungen von DeFi sind nach dem FTX-Skandal stärker im Fokus denn je. Der Zusammen-bruch von FTX wirft die Crypto-Branche um Jahre zurück. Der Total Value Locked im DeFi sank seit Anfang Oktober 2022 um 22% auf noch 43 Milliarden USD. Doch auch der FTX-Skandal ändert nichts am grundsätzlichen Potenzial von DeFi. Vier Aspekte sind dabei zentral für den Erfolg.

 

DeFi bringt grosse Herausforderungen mit sich

Die Liste der DeFi-Herausforderungen ist lang. Im Folgenden sind einige davon aufgeführt.


Herausforderungen regulatorischer Art

  • Regulierungsbehörden müssen genau beobachten und analysieren, ob ein bestimmtes DeFi-Protokoll tatsächlich dezentralisiert ist oder ob das DeFi-Label nur zur Schau gestellt wird (Decentralized Finance: On Blockchain- and Smart Contract-Based Financial Markets).
  • Trilemma: Sicherheit vs. Dezentralität vs. Skalierbarkeit. Denn Sicherheit sowie Dezentralität kosten Energie und Geld in Form von „Gas fees" und anderen Kosten.
  • Grosse Anbieter und Plattformen wie Coinbase oder Crypto.com bündeln die Assets ihrer Nut-zer in Unternehmens-Wallets und unterbinden somit zwei Grundeigenschaften der Blockchain: das Interagieren ohne Intermediäre und den Besitz von eigenen Assets. Coinbase erklärte öf-fentlich, dass Kunden-Assets im Falle eines Bankrotts als Unternehmens-Besitz angesehen wer-den (Coinbase 10-Q Filing, Seite 84).
  • Governance. DeFi-Plattformen weisen ein Element der Zentralisierung auf, das sich in der Regel um die Inhaber von "Governance-Token" (häufig die Plattformentwickler) dreht. Die Inhaber stimmen über Vorschläge ab (z.B. neue Features, strategische Ausrichtung), ähnlich wie Aktio-näre von Unternehmen. Dieses zentrale Element birgt das Risiko von Missbrauch, z.B. könnte sich jemand mit viel Entscheidungsgewalt selbst unangemessen belohnen (Beispiel: Curve Wars).
  • Smart Contracts sind in vielen Fällen auf Inputs aus der realen Welt angewiesen. Dies läuft über sogenannte "Oracles". Diese Beziehungen sind Vertrauensanker, welche missbraucht wer-den können und so die Sicherheit und Dezentralität gefährden können
  • Der Grundsatz der Finanztheorie, dass höhere Erträge immer mit höheren Risiken behaftet sind, kann auch DeFi nicht ignorieren.  Ein Schutz der Anleger (ggf. durch eine zentrale Instanz) wird wichtiger, je mehr DeFi aus der Nische herauskommt. 

Netzwerkeffekte führen zu Monopolstrukturen und damit zu weniger Innovation sowie Wettbe-werb und erhöhen damit langfristig wieder die Ineffizienz.

Sowohl DeFi als auch CeFi sind beide mit einem gemeinsamen wirtschaftlichen Problem konfrontiert wenn es um Intermediäre geht, da „die Finanzmärkte sehr anfällig dafür sind, ohne jegliche Intervention monopolisiert zu werden", ganz gleich, in welchem Universum sie operieren.” Da beispielsweise die Liquidität für die Börsen wichtig ist, werden die Händler immer versuchen, ihren Auftrag an der günstigsten und liquidesten Börse auszuführen. Dies gibt der Börse jedoch die Möglichkeit, die Gebühren zu erhöhen.

Technische Risiken von Smart Contracts

  • Immutability: Die Unveränderlichkeit von Smart Contracts auf der Blockchain kann bei fehlerhaf-ter Programmierung eine echte Herausforderung sein, da solche Bugs nicht zu fixen sind (siehe dazu die Herausforderung zu “Governance”).
  • Die automatische Ausführung von Smart Contracts kann problematisch sein, wenn ausserge-wöhnliche Ereignisse am Markt auftreten, die im Vorfeld nicht in der Programmierung des Smart Contracts bedacht wurden. Ausserdem führt die dynamische Interaktion einer Vielzahl von Programmen dazu, dass es schwierig wird, Risiken zu verstehen und zu bewerten.

Non-inclusive / unsoziale Aspekte von DeFi

  • In der DeFi-Welt ist es schwierig, Steuern oder Anti-Geldwäsche durchzusetzen ... “selbst für Leute, die alles richtig machen wollen.
  • Access for the unbanked: Damit DeFi-Modelle ihr Versprechen einlösen können, müssen sie neue Kapitalpools erschliessen und auch benachteiligte Bevölkerungsgruppen mithilfe neuer Da-tenquellen und neuer Formen von Sicherheiten identifizieren und bedienen können. Bisher ist noch nicht klar, wie dies in grossem Massstab erreicht werden kann.

Zusätzlich zu den genannten Herausforderungen kann auch der Schutz der Privatsphäre ein Problem darstellen. 

  • Der transparente Charakter von DeFi kann aus Sicht des Datenschutzes problematisch sein, z. B. könnte aus allen Informationen (Transaktionen, Adressen, Zusatzinformationen usw.) auf der Blockchain ein persönlich identifizierbares, nicht anonymes und nicht löschbares Profil eines Nutzers abgeleitet werden. 
  • Darüber hinaus ermöglicht die Transparenz auch eine teilweise betrügerische Gewinnabschöpfung durch Front-Running, bekannt als Maximum Extractable Value. Dabei optimieren Angreifer die Transaktionsreihenfolge in einem Block so, dass sie einen Gewinn abschöpfen können.

 

Die Zukunft von DeFi ist aufgrund der vielen Herausforderungen schwer absehbar. 

Viele der genannten Herausforderungen können mit sinnvollen Massnahmen bewältigt werden. Schliesslich gibt es für jedes Problem Lösungsansätze. Einige dieser Ansätze basieren auf der Aufgabe von Dezentralisierung zugunsten zentraler Kontrolle oder mehr Eingriffen durch einen Regulator. Es besteht aber die reale Möglichkeit, dass durch die Vermeidung von Risiken und die Steigerung der Effizienz in einigen DeFi-Bereichen der Weg von DeFi zurück zu CeFi führt. Wie viel “Decentral” in DeFi am Schluss noch übrig bleibt, wird die Zukunft zeigen.

 

4 Aspekte sind zentral für den Erfolg von DeFi

Unabhängig von den konkreten Lösungsansätzen und Zukunftsszenarien sind aus unserer Sicht die fol-genden 4 Aspekte zentral, damit DeFi erfolgreich sein kann:

  1. Befriedigung konkreter Kundenbedürfnisse
  2. Vertrauenswürdige, digitale Assets als handelbare Werte (“Tokens”) auf der Block-chain
  3. Transparente, offene „Plug & Play-Architektur”
  4. Einfacher Zugriff auf alle Finanzdienstleistungen, für alle

Zu 1.: In den vorangegangenen Ausführungen haben wir beispielhaft gezeigt, dass DeFi den Kun-denbedürfnissen erst teilweise gerecht wird. Damit das zweifellos vorhandene Potenzial genutzt wer-den kann, sind das Kundenbedürfnis und konkrete Anwendungsfälle mit ausgewiesenem Mehrwert bei allen Vorhaben ins Zentrum zu stellen.

Zu 2.: Solche Assets sind z.B. Cryptocurrencies wie Bitcoin, Tokenized Shares, aber auch weitere NFTs. Vertrauenswürdig bedeutet einerseits sicher gegen Angriffe, andererseits auch, dass rechtliche Grundlagen existieren, die den Handel auf der Blockchain rechtssicher ermöglichen.

Zu 3.: DeFi verspricht eine transparente, interoperable „Plug & Play-Architektur”. Diese fördert Innovati-on und führt zu höherer Effizienz. Die Möglichkeiten dieser Architektur sind kaum absehbar und es ent-stehen bereits jetzt ganz neue, teilweise experimentelle Finanzprodukte wie z.B. Flash Loans (Sofortkredit mit speziellen Eigenschaften auf Basis eines Smart Contracts). Neben innovativen Produkten verspricht DeFi eine sehr hohe Effizienzsteigerung, primär weil Intermediäre 'ausbleiben'. Die Transparenz kommt daher, dass der Smart Contract Code jederzeit von allen Parteien eingesehen und validiert werden kann. 

Zu 4.:  Aktuell sind 1.7 Milliarden Menschen weltweit ohne Bankverbindung. Die europäische Bevöl-kerung gehört jedoch nur zu einem geringen Teil zu dieser Gruppe. Es geht also hier vor allem auch um einen einfachen, transparenten und kostengünstigen Zugang zu Finanzdienstleistungen, der bisher nur den grossen Akteuren zu diesen Konditionen zur Verfügung steht. (z.B. Unternehmensfinanzierung über den freien Markt). 

 

Im nächsten und vorläufig letzten Blogbeitrag unserer DeFi-Serie skizzieren wir drei mögliche Szenarien für die Zukunft von DeFi. Wir zeigen auch, wie sich Banken in diesen Szenarien verhalten können. 

 

Decentralized Finance: der Weg vom Hype zum echten Mehrwert (DeFi-Serie 4/4)

Im vorangehenden Artikel unserer DeFi-Serie haben wir uns intensiv mit den Herausforderungen von DeFi befasst, und gleichzeitig 4 Aspekte aufgezeigt, wie DeFi erfolgreich sein kann.

In diesem finalen Artikel skizzieren wir drei mögliche Szenarien für die Zukunft von DeFi. Wir zeigen auch, wie sich Banken in diesen Szenarien verhalten können.

 

Drei mögliche Szenarien für die Zukunft von DeFi

Auch wenn die Zukunft von DeFi sehr schwer vorherzusagen ist, haben wir nachfolgend drei mögliche Szenarien skizziert. Wir machen keine Aussagen über die Wahrscheinlichkeit dieser Szenarien. Sie können aber klassischen Banken helfen, sich im DeFi-Umfeld zu positionieren.

Szenario 1: DeFi = Hauptfokus auf die Asset und Settlement Layer

Cryptocurrencies werden weiter existieren und sich als mögliche alternative Wertaufbewahrung etab-lieren. DeFi dient primär der sicheren Aufbewahrung und dem Handel von digitalen Assets. 

Weitere DeFi Anwendungsfälle und Finanzprodukte führen weiterhin ein Nischendasein.

Szenario 2: Der CeDeFi-Kompromiss. 

In diesem Szenario wird DeFi vermehrt wieder zu CeFi (“Central Finance”). Blockchains und Smart Contracts spielen eine wichtige Rolle, um das Finanzsystem effizienter zu gestalten, jedoch werden die vollständig offenen und vollständig dezentral organisierten Blockchains sowohl von den Regulatoren als auch den Finanzmarkt-Teilnehmern vielfach als zu riskant angesehen.

In diesem Szenario werden die meisten Anwendungsfälle der Finanzbranche mit Smart Contracts / dApps etc. entweder auf spezialisierten privaten oder geschlossenen Blockchains betrieben oder öffent-liche Blockchains wie Ethereum werden zwar als Infrastruktur verwendet, aber zentrale Governance und zentrale Instanzen ergänzen das Setup. 

Solch ein CeDeFi-Kompromiss nutzt die Macht der neuen, standardisierten DeFi-Infrastrukturen und er-möglicht trotzdem zentrale Kontrolle und Verbindungen in die etablierte zentrale Welt. 
Diese “Central”-DeFi-Gebilde können sich durchsetzen, falls sie das Vertrauen der Marktteilnehmer ver-dienen können: “Right now, CeDeFi needs to build more trust and confidence with their customers, or else time to pack it up.” 

Szenario 3: DeFi löst zentrale Stellen weitestgehend ab. 

Im Gegensatz zu Szenario 2, spielt die Dezentralität im Szenario 3 eine weitaus grössere Rolle. 
DeFi verbindet alle Endkunden untereinander, ohne dass Intermediäre nötig sind. Viele Aspekte des Systems regeln sich selbst bzw. regeln sich über die Algorithmen der dezentralen Apps (dApps). Fi-nanzprodukte und Finanztransaktionen werden über dezentrale Governance-Mechanismen gesteuert. DAO (autonome, dezentrale Organisationen) haben sich etabliert. Für die vielen Herausforderungen wurden Lösungen gefunden und Smart Contracts stellen regulatorische Anforderungen selbst sicher.

Ist Szenario 3 eine Utopie oder eine Realutopie, die sich tatsächlich verwirklichen lässt? Diese Frage lässt sich heute nicht beantworten. “In the best of times DeFi is a utopia of free exchange, but in the worst of times, its’ investors want answers” 

 

Wie sollen sich also die Banken verhalten?

Allen drei Szenarien ist gemein, dass digitale Assets eine alternative Wertaufbewahrung darstellen und gehandelt werden können. 

Als Bank wird man kaum umhin kommen, solche Assets in die eigenen Dienstleistungen zu integrieren, denn Banken sind für viele Kunden immer noch ein Element des Vertrauens, wenn es um die Sicherheit von Vermögen geht. 

Glaubt eine Bank an Szenario 2 oder 3, dann sind weitere strategische Schritte nötig.

Szenario 2: Falls die Banken an das 2. Szenario glauben, sollten sie baldmöglichst fähige Leute mit Wissen über DeFi und Smart Contracts in ihre Produktteams einstellen. Banken sollten sich mit anderen Finanzplayern austauschen und dabei dedizierte Use Cases identifizieren, in welchen Blockchains (und v. a. auch bei der Standardisierung von Prozessen und Informationen) hohen Kunden-Mehrwert gene-rieren können. 

Die Teilnahme an verschiedenen Initiativen ist für diese Banken sinnvoll, denn es ist unklar, welche davon erfolgreich sein werden. Denn solche Initiativen wie z.B. SIX Digital Exchange (SDX) können helfen, das Finanzsystem effizienter zu machen. Mit wirklichem "DeFi" hat dies aber sehr wenig zu tun, es ist ein CeDeFi-Kompromiss.

Szenario 3: Banken, die an Szenario 3 glauben, sollten damit beginnen, direkt mit Finanz-Startups im DeFi-Umfeld zu konkurrieren, sich mit ihnen zu integrieren oder sie zu übernehmen. Nur so kann die Transformation des klassischen Finanz-Know-hows, welches auch im DeFi hoch relevant bleibt, in einer dezentralen Welt erfolgreich sein. Die Banken wandeln sich von der klassischen Bank zu einem DeFi- und Service-Provider. Eine solche Richtungsänderung sollte fundamental in der Bankstrategie verankert sein. Da Szenario 3 sehr unsicher ist, bleibt Zeit, um erste Anwendungen und PoCs (Proof of Concepts) auszuprobieren und so erste neue Erkenntnisse zu gewinnen.