
22. Mai 2019
Vielen Schweizerinnen und Schweizern wird die reguläre AHV- und PK-Rente nicht reichen, um nach der Pensionierung gleich gut leben zu können wie vorher (die Jahresrenten gingen seit 2005 real um fast 9% zurück, siehe Abbildung 1). Obwohl es sinnvoll wäre, freiwillig Geld in die Pensionskasse einzubringen, tun es die Meisten nicht. Denn die Pensionierung ist noch in weiter Zukunft und für eine Einzahlung in die Pensionskasse neben der dritten Säule ist kein Geld übrig. Das Eichhörnchen, das viele kleine Nüssen für den Winter sammelt, kann uns inspirieren, wie es trotzdem geht.

Abbildung 1: Entwicklung Durchschnitts-Jahresrenten (Quelle: BFS-Pensionskassenstatistik, Berechnung SGB)
Inspiration von innovativen Fintechs
Die Micro-Investment-App Acorns hatte die gleiche Inspirationsquelle: nach dem Motto "Imagine if you could invest in your future without really noticing" kann man mit Acorns jede Woche einen sehr kleinen Betrag, wie z.B. 5 Franken in Anlageprodukte investieren, und zwar vollautomatisch. Langfristig kann auf diese Weise eine schöne Summe angespart werden.
Die folgenden Bilder zeigen die Acorns App:

Abbildung 2: Impressionen Acorns App
Würde es auch in unserem Vorsorgesystem funktionieren?
In der Schweiz bietet es sich an, das Geld für einen freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse zu nutzen. Dann hat man aufgrund von Steuererleichterungen und garantierter Verzinsung im Pensionsalter am meisten davon. Doch der Prozess zum Einkauf ist wenig attraktiv: er ist lang, komplex, zerstückelt und trotz bester Automatisierbarkeit höchst manuell gestaltet.
Bei einem so komplizierten und zeitaufwändigen Prozess ist es klar, dass Einkäufe nur selten getätigt werden. Eine Acorns-ähnliche Lösung ist sogar schlicht undenkbar, denn die Kosten für eine kleine Einzahlung übersteigen den Betrag bei weitem.
Wäre es nicht möglich, einen Einkauf mit einem Klick zu erledigen, oder sogar automatisch und mit kleinen Beträgen wie bei der Acorns-App? Schliesslich ist es im Interesse aller, wenn Leute vorsorgen und im Alter mehr Geld zur Verfügung haben.
Drei Zutaten zum Erfolg
Mithilfe automatisierten Abläufen bei den Pensionskassen und offenen APIs kann diese Vision auch in der Schweiz Realität werden. Drei Zutaten sind nötig:
- Eine Finanz-App für Smartphones, die das automatische Einzahlen von Kleinstbeträgen nach einem selbstdefinierten Schema ermöglicht, z.B. fix 5 Franken pro Woche oder einen Franken nach jedem Kaffee-Kauf. Es kann die App einer Pensionskasse sein, eine unabhängige App oder eine Mobile Banking App. Die St. Galler Kantonalbank hat mit #HäschCash schon eine ähnliche Funktionalität umgesetzt; allerdings geht das Geld auf ein Sparkonto und nicht in die Pensionskasse.
- Offene und standardisierte Schnittstellen (Open APIs) seitens Pensionskassen, damit die Finanz-App im Namen des Kunden auf Basisdaten zugreifen und Einkäufe einfach programmatisch simuliert und ausgelöst werden können.
- Automatisierte interne Abläufe bei den Pensionskassen, damit die Verbuchung der kleinen Beträge wirtschaftlich erfolgen kann.
Wenn all diese drei Zutaten vorliegen, steht nichts im Weg für eine neue Art Vorsorgelösung, die besonders für Leute interessant wäre, die neben dem Sparen in der 3. auch die Leistungen der 2. Säule verbessern wollen. Sie könnten ihre finanzielle Situation im Alter dank wöchentlicher Kleinsteinkäufen (also ohne eine grosse Belastung im Alltag) mit grosser Wirkung verbessern. Denn für das Eichhörnchen zählt jedes Nüssli. Lasst uns die Chancen der Digitalisierung für die Stärkung unseres Vorsorgesystems nutzen!